Jérôme Lenzen, Ko-Geschäftsführer des Kölner Instituts für Kulturarbeit und Weiterbildung, hat viele Fragen! 11 davon stellt er Kunst- und Kulturschaffenden in Köln. Das Besondere? Die Fragen bleiben identisch, die Befragten jedoch wechseln.
Heute spricht Jérôme mit Mario Frank vom Verein drei drei e.V. Mario ist selbstständiger Designer und Künstler, Mitinitiator von Literatur- und Hörspielfestivals sowie Kunstprojekten im öffentlichen Raum. Einige seiner kollaborativen und fortlaufenden Projekte sind die Lesereihe LAND IN SICHT, das Design- und Musik-Kollektiv 33, das Performance-Festival auftakt und die Hörspielwiese Köln. Neben seiner freien Tätigkeit im Kulturbetrieb unterrichtet Mario Frank an Instituten wie der Köln International School of Design, der Kunsthochschule für Medien, dem Deutschen Literaturinstitut Leipzig oder der Bergischen Universität Wuppertal.
„Es gibt keinen starken Stil, der sich hauptsächlich durchsetzt, weshalb irgendwie alles möglich ist.“
Wofür steht die Kölner Kultur (respektive was ist typisch für Köln)?
Vorrangig für die Subkultur sprechend würde ich sagen, dass in Köln sehr diverse und offene Szenen zusammenleben. Es gibt keinen starken Stil, der sich hauptsächlich durchsetzt, weshalb irgendwie alles möglich ist. Menschen unterschiedlicher Szenen kommen in immer wieder unterschiedlichen Kontexten zusammen.
Welche Kulturveranstaltung in Köln (Ausstellung, Festival, etc.) hat Dich zuletzt vom Hocker gehauen?
Die Veranstaltung „Karneval der Kollektive“ war ein definitives Highlight in diesem Jahr für mich! Das soll nun nicht so klingen, dass ich für eine Veranstaltung werben möchte, in deren Organisation und Durchführung ich selbst involviert war, aber sie hat mich schlichtweg begeistert! Es sind viele Menschen aus unterschiedlichen Kontexten zusammengekommen und haben sehr gut miteinander harmoniert. Das war sowohl während des Aufbaus und auch während der Veranstaltungstage stark und deutlich spürbar! Die Vereinigung geht sogar über die Veranstaltung hinaus, sodass eine Art neues Kollektiv entstanden ist – so stelle ich mir eine gelungene Veranstaltung vor!
Und wo hast Du Dir mehr erhofft?
Puh, schwer zu sagen. Die Dinge, die mich nicht so sehr mitnehmen bleiben mir gewöhnlich nicht lange im Kopf.
Gibt es eine/n Kulturschaffende/n in Köln, die/der von Dir besonders bewundert wird?
Klar, viele! Sie hier alle zu nennen ist quasi unmöglich. Die Zugvøgel, die Minha Galera Crew, die Menschen des Kollektiv 33, die Gold+Beton Crew inkl. aller Baumusik people, Feine Tiere, Lafaris, Ehemalige Jacks, EDEN, Cheers for Fears, Land in Sicht, … die Liste könnte ewig weitergehen!
Ai Wei Wei hat Berlin unter großem Getöse verlassen, welchen Kulturmenschen hättest Du gerne in Köln?
Hier eine Person zu benennen fällt mir schwer – ein großes Atelier einer großen Land-Art Künstler*in fänd ich gut. So eine Atelier, bei dem sich junge Künstler:innen bewerben könnten um dort Erfahrung mit großen Projekten zu machen. So jemand wie Olafur Eliasson.
„Idealerweise mitten in der Stadt und noch idealer so, dass irgendwelche Finanzheinis ausziehen müssen, um es zu ermöglichen.“
Neue Oper, neue Museen, neuer Dom? Was für ein Gebäude wünschst Du dir für Köln?
Ein großes Kulturzentrum mit Ateliers, Galerien, Wohnraum für Künstler:innen, Clubs, Gärten, Innenhöfen. Idealerweise mitten in der Stadt und noch idealer so, dass irgendwelche Finanzheinis ausziehen müssen, um es zu ermöglichen (Spieß umdrehen).
Und welches gibt es schon, das Dir besonders gefällt?
Architektonisch? Für den Brutalismus des Ebertplatzes oder der Oper kann ich mich begeistern. Allgemein finde ich, dass Köln seinen Brutalismus mehr feiern sollte. Die Kolumba von Zumthor finde ich auch gut.
‚Kultur lebt in Köln‘ heißt der neue Slogan des Stadtmarketing: Was wäre Deiner?
Puh – Mein Idealslogan wäre: gar keiner.
In Berlin schließen die ersten Clubs, wird jetzt Köln zur Nummer 1 oder doch Wuppertal?
Nein. Solange elektronische Musik- und Club-Kultur in Köln nicht (wie in Berlin) als Kulturgut auf einer Stufe mit zum Beispiel klassischer Musik in Philharmonien anerkannt wird, haben Clubs in Köln keine Chance. Für Wuppertal gilt das bestimmt auch (kenne mich aber mit der Politik dort nicht so aus).
Ehrenfeld wird teurer, wo ist die Freie Szene jetzt noch zu Hause?
Weiter draussen. Vermutlich kommt als nächstes Bickendorf oder Ossendorf. Solche Bewegungen aus dem Stadtzentrum immer weiter heraus sind ja geschichtlich schon klar dokumentiert.
Wem sollen wir diese Fragen als nächstes stellen?
Meryem Erkus, Caroline Kox, Ludwig Zibell, André Sauer, Tobias Kirchgatter, Jascha Sommer – i dont know who else 🙂